Trauer bei Jugendlichen: Aufmerksamkeit für eine besondere Lebensphase
Jugendliche trauern anders – und brauchen uns anders. Wie wir sie achtsam begleiten können.
Der Tod eines nahestehenden Menschen stellt für Jugendliche eine besondere Herausforderung dar – nicht nur, weil sie trauern, sondern auch, weil sie sich mitten in einer Lebensphase befinden, die ohnehin von emotionaler und sozialer Unsicherheit geprägt ist. In diesem Alter hat sich das Verständnis vom Tod zwar bereits gefestigt, doch die emotionale Verarbeitung bleibt oft schwierig.
Warum Jugendliche anders trauern
Jugendliche erleben Trauer häufig ganz anders als Kinder oder Erwachsene. In der Phase der Selbstfindung können Gefühle wie Angst, Überforderung oder Wut besonders intensiv erlebt werden und sie schnell überwältigen. Viele Jugendliche verbergen ihre Trauer hinter einer „coolen Fassade“, ziehen sich zurück oder wirken auf andere unnahbar. Doch hinter diesem Verhalten verbirgt sich oft das Gefühl, allein gelassen zu sein – vor allem dann, wenn das soziale Umfeld keine echte, ehrliche Unterstützung bietet.
Besondere Herausforderungen
Trauernde Jugendliche tun sich oft schwer damit, über ihre Gefühle zu sprechen. Nicht selten vermeiden sie Gespräche, um nicht verletzlich zu wirken – oder sie reagieren mit Provokation, wenn sie sich unverstanden fühlen. Das kann den Trauerprozess zusätzlich belasten.
Trotzdem sind Jugendliche nicht nur mit Schwierigkeiten konfrontiert – sie verfügen auch über eigene Ressourcen, die ihnen helfen können, mit dem Verlust umzugehen: Freundschaften, Sport, kreative Tätigkeiten oder persönliche Rückzugsräume geben vielen Kraft. Es ist wichtig, diese Stärken gezielt zu fördern und Jugendlichen Mut zu machen: Sie tragen bereits Fähigkeiten in sich, um mit der Trauer umzugehen – auch wenn sie sich dessen oft nicht bewusst sind.
Auch digitale Räume spielen eine Rolle – zum Beispiel, wenn Jugendliche Erinnerungen in sozialen Medien teilen oder sich in Online-Foren austauschen. Diese Formen können tröstlich sein, aber auch verunsichern. Ein offenes, interessiertes Nachfragen hilft, um sie darin nicht allein zu lassen.
Wichtig ist außerdem, dass wir Erwachsene selbst stabil bleiben: Wenn wir zu tief in ihre Trauer eintauchen oder über identifizieren, kann das Jugendliche zusätzlich destabilisieren. Unsere Aufgabe ist es, Zuversicht zu vermitteln und das Vertrauen zu stärken, dass sie diese schwere Zeit überstehen werden.
Wie Du trauernde Jugendliche unterstützen kannst
Ehrlichkeit, Geduld und echtes Zuhören sind entscheidend. Jugendliche brauchen Bezugspersonen, die authentisch sind, sie ernst nehmen und ihnen Raum geben – ohne sie mit gut gemeinten Ratschlägen zu überfordern.
- Gib Raum für Gefühle:
Erlaube ihnen, ihre Trauer auf ihre eigene Weise auszudrücken – sei es durch Wut, Rückzug, Schweigen oder sogar unerwartetes Lachen. Trauer ist vielfältig und nicht immer leise. Auch du darfst deine eigenen Gefühle zeigen. Das vermittelt: Trauer ist natürlich. Wichtig ist nur, dass du sie niemals zu etwas drängst, was sie nicht möchten. - Sei ehrlich und transparent:
Jugendliche haben ein Recht auf Wahrheit – auch über schwierige Themen wie die Todesumstände. Wenn wir sie beschützen wollen, indem wir Informationen zurückhalten, kann das ihr Vertrauen erschüttern. - Fördere offene Gespräche:
Zuhören ist oft wichtiger als reden. Manchmal reicht ein Satz wie: „Ich habe das Gefühl, dass dich deine Trauer gerade überwältigt. „Wenn du reden möchtest, bin ich da.“ Signalisiere immer wieder: „Ich bin da, wenn du bereit bist.“ Selbst wenn das erst später geschieht. - Biete Stabilität durch Alltag und Struktur:
Viele Jugendliche wünschen sich, dass der Alltag – z. B. in der Schule – möglichst normal weiterläuft. Verlässliche Routinen können ihnen Sicherheit und Orientierung geben. - Achte auf nonverbale Signale:
Körpersprache, Mimik oder Gestik sagen oft mehr als Worte. Ein gemeinsamer Spaziergang, Musik hören oder einfach schweigend nebeneinander sitzen – all das kann Trost spenden. - Stärke ihre Resilienz:
Hilf ihnen, ihre Stärken zu entdecken und zu nutzen – ob durch Bewegung, kreative Ausdrucksformen oder die Nähe zu Freund*innen. Zeig ihnen, dass du an sie glaubst. Das stärkt ihr Vertrauen in die eigene Kraft und fördert ihre seelische Widerstandsfähigkeit.
Ein Appell an uns Erwachsene
Jugendliche in Trauer brauchen Verständnis, Geduld und unser Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Ihre Gefühle und ihr Schmerz sind genauso echt und wichtig wie die von Erwachsenen – auch wenn sie anders aussehen oder ausgedrückt werden. Wenn wir ehrlich und respektvoll mit ihnen umgehen, sie begleiten und stärken, können sie lernen, ihren Weg durch die Trauer zu finden – und vielleicht lernen wir dabei auch etwas über uns selbst: über unsere eigene Trauer, über das Zuhören und darüber, was es heißt, wirklich für jemanden da zu sein.
Anke
Wer schreibt hier?

Wir sind Anke Kircher & Natalie Balogh!
Gemeinsam beraten, coachen und begleiten wir Erwachsene und Kinder individuell oder auf Wunsch die gesamte Familie zu den Themen Trauer und Burnout.