So viele Gefühle – wie wir sie besser verstehen
Gefühle begleiten uns täglich – sie können uns beflügeln, aber auch herausfordern. Freude, Angst, Wut, Trauer – all diese Emotionen sind tief in uns verwurzelt und beeinflussen unser Verhalten sowie unser Wohlbefinden. Doch warum fällt es vielen Menschen – auch Kindern/Jugendlichen – so schwer, ihre Gefühle bewusst wahrzunehmen und auszudrücken?
Dieser Beitrag zeigt, was Gefühle sind, wo sie entstehen, wie sie sich im Körper zeigen und warum die frühen Jahre entscheidend für den Umgang mit Emotionen sind.
Was sind Gefühle und warum haben wir sie?
Gefühle sind mehr als nur spontane Reaktionen – sie sind tief mit unseren Gedanken, Erfahrungen und körperlichen Empfindungen verbunden. Laut Dr. med. Cornelia Dehner-Rau und Prof. Dr. med. Luise Reddemann sind Emotionen eine Form innerer Kommunikation: Sie signalisieren uns, was wir brauchen oder was uns belastet. Doch oft bewerten wir Gefühle vorschnell als „gut“ oder „schlecht“, anstatt sie einfach als das zu sehen, was sie sind – wertvolle Wegweiser.
Unser Gehirn spielt dabei eine zentrale Rolle: Im limbischen System werden Emotionen verarbeitet und mit Erinnerungen verknüpft. So kann beispielsweise eine Kindheitserfahrung uns nachhaltig prägen und unser Reagieren in bestimmten Situationen beeinflussen.
Der Körper als Spiegel unserer Emotionen
Gefühle existieren nicht nur im Kopf – sie zeigen sich auch im Körper.
Eine spannende Studie der Aalto-Universität in Finnland unter der Leitung von Lauri Nummenmaa hat gezeigt, dass jede Emotion mit ganz spezifischen körperlichen Reaktionen verbunden ist. In sogenannten „Bodily Maps of Emotions“ konnten die Forschenden sichtbar machen, wo im Körper verschiedene Gefühle wahrgenommen werden – unabhängig von Alter, Geschlecht oder kulturellem Hintergrund. So wird Angst beispielsweise häufig als Druck in der Brust empfunden, während sich Liebe als wohlige Wärme im ganzen Körper ausbreitet.
Diese Erkenntnis zeigt, wie wichtig es ist, nicht nur über Gefühle zu sprechen, sondern sie auch körperlich wahrzunehmen. Kinder spüren oft, dass „etwas nicht stimmt“, können es aber nicht in Worte fassen. Daher ist es hilfreich, ihnen beizubringen, ihre Emotionen bewusst im Körper wahrzunehmen – etwa durch Fragen wie:
- „Wo in deinem Körper spürst du deine Wut?“
- „Fühlt sich Freude eher leicht oder schwer an?“
Solche Fragen fördern das emotionale Bewusstsein und helfen Kindern, sich besser zu regulieren.
Die Prägung der Gefühlswelt in der Kindheit
Wusstest du, dass sich unsere emotionale Grundstruktur bereits in den ersten sieben Lebensjahren formt? In dieser sensiblen Phase lernen Kinder durch ihre Umwelt, wie sie mit Gefühlen umgehen sollen. Aussagen wie „Hör auf zu weinen“ oder „Reiß dich zusammen“ können dazu führen, dass Kinder lernen, ihre Emotionen zu verdrängen oder zu unterdrücken – statt sie zu verstehen.
Laut psychologischen Studien sind diese frühen Erfahrungen prägend: Kinder, die in einem Umfeld aufwachsen, in dem Emotionen anerkannt und benannt werden, entwickeln ein gesünderes emotionales Bewusstsein. Daher ist es essenziell, Kindern früh zu vermitteln, dass alle Gefühle ihre Daseinsberechtigung haben – auch die schwierigen.
Wie können wir Kinder (und uns selbst) unterstützen?
Um einen gesunden Umgang mit Gefühlen zu fördern, können wir folgende Ansätze nutzen:
- Gefühle benennen: Kindern helfen, Worte für ihre Emotionen zu finden („Bist du wütend, weil du enttäuscht bist?“).
- Den Körper einbeziehen: Mit einfachen Übungen wie tiefem Atmen oder einer „Gefühlsreise“ („Wo spürst du das?“) lernen Kinder, ihre Emotionen besser wahrzunehmen.
- Gefühle als natürliche Reaktion anerkennen: Anstatt Sätze wie „Nicht traurig sein“ zu verwenden, lieber sagen: „Ich verstehe, dass du traurig bist. Was brauchst du jetzt?“
- Vorbild sein: Wenn wir offen über unsere eigenen Gefühle sprechen, lernen Kinder, dass Emotionen ganz natürlich sind.
Fazit
Gefühle sind essenziell für unser Wohlbefinden. Sie begleiten uns von klein auf und formen unsere Wahrnehmung der Welt. Wenn wir verstehen, wie sie entstehen und wie sie sich in unserem Körper zeigen, können wir lernen, bewusster mit ihnen umzugehen – und das gilt nicht nur für Kinder, sondern für uns alle.
Lass uns Gefühle als das sehen, was sie sind: wertvolle Signale, die uns helfen, unser Leben bewusst zu gestalten.
Alles Liebe, Anke

Wer schreibt hier?

Wir sind Anke Kircher & Natalie Balogh!
Gemeinsam beraten, coachen und begleiten wir Erwachsene und Kinder individuell oder auf Wunsch die gesamte Familie zu den Themen Trauer und Burnout.